70 Jahre Garden und ein Abschied nach über 65 Bühnenjahren
Von Roland Spether
Achern-Großweier. Dass die Air Force One des amerikanischen Präsidenten zur Narrhalla-Sitzung „einfliegen“, auf dem Modellflugplatz landen und Mister America First Donald Trump (Michael Wegel) präsentieren sollte, sorgte bei den Gästen der Narrhalla 1873 für große Augen. Doch diese wurden noch größer, als die Dreizipfelshansele mit ihren „Pflasterschissern“ den neuen Oberbürgermeister Manuel Tabor gar mit Krone, Zepter und Thron inmitten der Illenau zeigten, auch wenn diese Insignien noch mit dem Gemeinderat abzuklären sind.
„Ich verabschiede mich von dieser Schau, mit einem kräftigen Helau.
Manfred Heitz
Doch zuvor wurde es sehr emotional und feierlich, als Manfred Heitz „zu später Stund im Großprogramm“ die Bühne betrat und zum Finale seiner Fastnachtskarriere noch einmal den „Pflasterschisser“ sang.
„Nach fünfundvierzig Jahren ist Schluss, eine andrer auf die Bühne muss“, sang Heitz mit kraftvoller Stimme und aus vollem Herzen. Dann gab es noch einmal den legendären „Pfurz“, Pianist Martin Ebert aus alten Stadtkapellen-Tagen spielte die letzten Töne des Hits und dann stand der Narr sichtlich bewegt im Scheinwerferlicht der Bühne. „Ich verabschiede mich von dieser Schau, mit einem kräftigen Helau.“ Dann waren sage und schreibe 67 Jahre auf der Narrenbühne vorbei, der Couplet-Sänger blickte in die Runde und die vielen Gäste zollten ihm minutenlang stehende Ovationen. Damit war eine einmalige Ära Geschichte, die es in der Art nicht mehr geben wird. Denn Heitz erschien über die Jahrzehnte wie der ewig junge Prinz Karneval, am Rosenmontag 1957 sang er erstmals im Adler-Saal in Oberachern Couplets bei der Sitzung der Kolpingfamilie. Ein Jahr später feierte er im Talentschuppen der Narrhalla eine glänzende Premiere und dann war er als Erznarr mit Leib und Seele von der Bühne in „Acheranien“ und ab 1978 als Sänger der „Acherner Pflasterschisser“ nicht mehr wegzudenken.
Nun schloss sich der Kreis, die charmante Sitzungspräsidentin Simone Walter „knuddelte“ den Weggefährten für alle Fastnachtsfreunde und bedankte sich für eine unvergleichlich schöne Zeit auf der Bühne. Zuvor trumpften die Büttenakrobaten (Texte Frank Kiefer, Holger Heitz) kräftig auf, denn Manuel Tabor wurde „auf den Thron gehoben“ und alle erhoffen sich „klare Entscheidungen und auch Visionen“. Beleuchtet wurde, dass es im Rathaus viele neue Plätze durch Pensionierungen gebe. Doch die Narren haben viel Hoffnung, denn „neue Besen kehren gut“. Kein Verständnis gab es für die Kritik am Weihnachtsmarkt: „Im Kritisieren sind alle gut, doch zum selber machen fehlt der Mut.“
„70 Jahre jung, Narrhalla Garde mit viel Schwung.“ Getreu diesem Motto hatten die Garden einen Galaauftritt, denn nach der Begrüßung des Präsidenten Ralph Kiefer sorgten über 40 Tänzerinnen aus den Reihen des TV Achern für ein herrliches Bild und getanzte Geschichte. Die Tochter des Gründers Hermann Schuh, neue Ehrenelferrätin Uschi Hamerski, hatte die Leitung, die Enkelin Tanja Malin kreierte den Showtanz der Nachwuchsgarde mit Reminiszenzen an die Blütezeit der Narrhalla in den 1970er Jahren und zwei Urenkelinnen tanzen mit der „Retrogarde“. So eine Choreografie hat es in Achern noch nicht gegeben, die ehemaligen „Gardemädels“ schwebten geradezu über die Bühne, die Freude war ihnen ins Gesicht geschrieben und die Beinwürfe klappten perfekt. Der frenetische Applaus war ihnen und der Narrhalla-Garde (Lisa Vierneisel) sicher, die mit dem kultigen Gardemarsch und dem zauberhaften Showtanz „It´s Magic“ einen Volltreffer der klasse Sitzung (Musik: Thomas Wellershaus) landete.
Tradition, Lebensfreunde und Fastnachtskultur verkörperten die Grindehexen (Hexenmeisterin Karin Malena) und die Dreizipfelshansele (Tanzleitung Manuela Gerteis-Hasenburg), während die „Hupfdohlen“ (Leitung Lisa Vierneisel) mit ihrer „Verführung im Paradies“ für Gaudi pur sorgten. Während Simone Walter spritzig und humorvoll die Sitzung leitete und die „Rotweinschlotzern aus Waldulm mit fetzigem Sound die Stimmung anfeuerten, ließ es „Opa Karl“ (Bernd Lutz) mit kernigem Mutterwitz kräftig krachen und ONB-Ehrenpräsident Otto Schnurr sang ein Lied auf alle Gardemädchen, die seit 70 Jahren „mit Eleganz und Herzlichkeit“ verzaubern. Doch zuvor warnte vor den „Rattenfängern“ der Populisten, kritisierte das „Drunter und Drüber“ in der Welt und rief zu mehr Ehrenamt auf. Da traf es sich gut, dass „Donald Trump“ (Michael Wegel) hereinschneite, kräftig vom Leder zog und prophezeite: „Make Achern Great Again“.